Das britische Sommermärchen ist zu Ende. Schade, solche verrückten Typen werden mir in London fehlen. Fotos: almUnvorstellbar. Ab Montag keine triumphalen „breaking news“ mehr aus dem Olympischen Park, kein stündlicher Check des Medaillenspiegels, keine Länderhymnen aus den offenen Fenstern, keine Vorfreude auf Usain Bolt und Mo Farah, keine in Union-Jack-Flaggen gehüllten Passanten in den Straßen… Es ist vorbei. 17 Tage lang lebten wir in einer aufgeregten dreifarbigen Welt aus Gold, Silber und Bronze. Der Weg zurück in die Normalität wird hart sein. Doch es gibt eine gute Nachricht für alle, die unter Olympia-Entzug leiden. Verzagt nicht! Zwar sagen wir London-2012 „goodbye“. Doch schon bald wird ein anderes außergewöhnliches Sportereignis unsere Aufmerksamkeit fesseln. Die Rede ist von der walisischen „Sumpf-Olympiade“.
Sie kennen nicht den Läufer Huww Lobb, der 2004 den Hengst Kay Bee Jay um zwei Minuten schlug? Und ist Ihnen der Name Andrew Holmes unbekannt? Mit 84 Sekunden für 83 Meter hält der Engländer den Weltrekord für das Schwimmen in einer braunen Brühe. Höchste Zeit, um die verrückten Spiele von Llanwrtyd Wells vorzustellen. Beide Disziplinen, das Sumpfschnorcheln und der Mann-gegen-Pferd-Marathon, erfreuen sich seit den 80ern großer Beliebtheit bei fitten Exzentrikern aus aller Welt, die jedes Jahr die kleinste Stadt Großbritanniens mit 601 Einwohnern in Aufregung versetzen. Doch angesichts des Londoner Olympia-Trubels waren den Walisern in diesem Sommer zwei Meisterschaften zu wenig. Sie beschlossen, vom 17. August bis 2. September die kompletten „Alternativen Olympischen Spiele“ auszutragen.
Mein Olympia-Abschied war beim Fußballfinale am Samstag im WembleyIm Unterschied zu den traditionellen Spielen sind in Llanwrtyd Wells „banale“ Sportarten wie Laufen oder Hockey tabu. Stattdessen treten hier in Kürze die weltbesten Athleten und Athletinnen beim „Stöckelschuh-Sprint“ (über 55 Meter) und „Unterwasser-Hockey“ (in einem Swimmingpool) gegeneinander an. Statt des üblichen Mountainbike-Rennens werden die Besucher in Llanwrtyd den Teilnehmern des MTB-Sumpfrennens zujubeln, während die Wurfdisziplinen durch „Black-Pudding-Schmeißen“ und „Russisches Eier-Roulette“ ersetzt wurden. Beim letzteren Wettkampf hauen sich die Athleten jeweils fünf hart gekochte und ein rohes Ei gegen die Köpfe. Sieger ist, der am längsten glibberfrei bleibt.
Schade, dass Usain Bolt nicht verheiratet ist. Der Jamaikaner hätte sonst in der Laufdisziplin „Ehefrauen tragen“ antreten können, bei der man die „bessere Hälfte“ blitzschnell über eine Distanz von 255 Metern transportieren muss. Zu meinen Favoriten gehören auch das Badewannen-Rennen und der Wettkampf im „Regenwürmer entzücken“, bei dem man mit Musik oder Gesang möglichst viele Würmer aus einem 3×3 Meter großen Geländestück zur Oberfläche locken soll. 2009 stellte die erst zehnjährige Sophie Smith einen Rekord auf, der bis heute ungebrochen bleibt: Ganze 567 Regenwürmer in 30 Minuten!
Das von der walisischen Regionalregierung mit 50 000 Pfund geförderte „alternative Olympia“ soll ab sofort alle zwei Jahre stattfinden. Mitmachen kann jeder. Anders als in London werden die Zuschauer in Llanwrtyd garantiert nicht über Ticketmangel klagen. Schade nur, dass die BBC das „Olympia im Sumpf“ nicht überträgt. Wer die Spiele dennoch unbedingt sehen will, kauft sich am besten bald ein Flugticket nach Cardiff.
Vorbei…